Karriere im Namen der guten Sache
Rund 4 Milliarden Euro spenden die Deutschen pro Jahr. Das hört sich nach viel an, doch im Vergleich zu den USA, dem Land mit der größten Spendentradition, sind das eher geringe Einnahmen für die gemeinnützigen Organisationen. Denn dort liegt das Spendenaufkommen jährlich bei 260 Milliarden Dollar – selbst angesichts der höheren Einwohnerzahl eine beeindruckende Zahl von umgerechnet 860 Dollar pro Kopf. In Amerika werben die Non-Profit-Verbände täglich um die Gunst der Menschen: im Fernsehen, auf der Straße und vor den Supermärkten. Wirklich erfolgreich sind letztendlich nur diejenigen, die es schaffen, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Daher engagieren die Organisationen für diesen Job professionelle Fundraiser, die mit ausgefeilten Methoden um Mitglieder und Spender werben. Auch hierzulande greifen immer mehr Verbände auf diese Experten zurück, um ihr Überleben zu sichern. Doch trotz der ständig wachsenden Nachfrage gibt es erst wenige hauptberufliche Geldsammler – dabei sind die Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten vielversprechend.
Alexander Kreft will den Menschen an den Geldbeutel. Allerdings will er das Geld nicht für sich. Kreft ist Fundraiser, wörtlich übersetzt also ein „Mittelbeschaffer“. Seine Aufgabe besteht darin, die Existenz gemeinnütziger Organisationen zu sichern, indem er für sie neue Mitglieder gewinnt, Spendengelder sammelt und Förderer für Projekte mit ins Boot holt. Die Hintergründe und Ausbildungen der Fundraiser sind so unterschiedlich wie die Verbände, für die sie arbeiten. Kreft beispielsweise hat einen Realschulabschluss und anschließend die Fachhochschule für Wirtschaft und EDV besucht. Danach machte er sich auf die Suche nach einem Job, in dem er sich sozial engagieren konnte. „Ich wollte meine Kraft für eine gute Sache einsetzen“, sagt er. Auf diesem Weg kam er zu service94 GmbH, einer Agentur für Sozialmarketing. Das Unternehmen mit Sitz in Burgwedel arbeitet deutschlandweit für gemeinnützige Verbände und Organisationen und übernimmt für sie die Mitgliedergewinnung. So sucht Kreft täglich den direkten Kontakt zu den Menschen, um sie vom jeweiligen Anliegen der Organisation zu überzeugen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Da die Standwerbung meist die effektivste Methode ist, setzt auch service94 seinen Schwerpunkt auf diese Variante.
Gute Fundraiser können schnell zu Menschen Brücken schlagen
Die professionellen Sammler besuchen zahlreiche Lehrgänge, Trainings für Menschen in Leitungspositionen sowie Schulungen für die jeweiligen Projekte. Durch diese umfassende Ausbildung heben sie sich deutlich ab von Aushilfskräften wie etwa Ehrenamtlichen oder unerfahrenen Studenten, die das Geldsammeln als Nebenjob ausüben und lediglich nach Provisionen bezahlt werden. Ehrgeiz, Teamfähigkeit, Humor und Geduld seien dabei die wichtigsten Eigenschaften, die ein Neuling mitbringen sollte. „Ein guter Fundraiser besitzt die Fähigkeit, innerhalb kürzester Zeit zu fremden Menschen Brücken zu schlagen“, formuliert es Kreft. In der Regel bleibe ihm nur ein Sekundenbruchteil, um die Menschen neugierig zu machen und ihr Vertrauen zu wecken. Denn angesichts der Überflutung von spendensuchenden Verbänden und um Geld bittenden Sammlern reagieren die meisten erst einmal ablehnend. Kreft sieht darin eine tägliche Herausforderung – selbst nach einem Achtstundentag am Stand: „Man hat jede Minute eine neue Chance, Menschen für sein Anliegen zu gewinnen“, sagt er.
Die Arbeit bei einer Fundraisingagentur wie service94 GmbH dient für viele als Einstieg in eine Karriere im Sozialmarketing. Während der zweijährigen Ausbildung werden regelmäßig Fortbildungen und Schulungen angeboten. Nach Abschluss der Ausbildung erhält man das Zertifikat zum qualifizierten Fundraiser oder Dialoger. Zudem gibt es ein fixes Gehalt und durch Qualifizierungsmaßnahmen hat man gute Aufstiegschancen bis zur Führungskraft. Der Standort in Burgwedel verfügt sogar über einen betriebseigenen Kindergarten für den Nachwuchs der Mitarbeiter.
Karriere machen in einer Agentur oder mithilfe der Fundraisingakademie
Darüber hinaus hat man als angehender Sozialmarketingexperte die Möglichkeit, die Deutsche Fundraisingakademie in Frankfurt zu besuchen – die einzige deutsche Ausbildungsstätte für diesen Berufszweig. Parallel zum Studium werden die praktischen Inhalte durch ein „Training on the Job“ vermittelt. Oft sind es Quereinsteiger, die diesen Weg einschlagen: Juristen, Verwaltungsexperten, aber auch Biologen und Theologen. Viele entscheiden sich für die Selbstständigkeit – so wie Carsten Roloff: Er hat inzwischen ein eigenes Subunternehmen in Bad Nauheim und organisiert von dort aus Projekte für service94. Ursprünglich arbeitete er als Tanzlehrer. „Geld für soziale Anliegen zu sammeln wurde jedoch irgendwann für mich zur Berufung“, erklärt Roloff. Zukünftig will er sein Team weiter vergrößern, denn die Nachfrage nach professionellen Mittelbeschaffern sei groß, hat er festgestellt: „Wichtig ist, dass man offen auf fremde Menschen zugehen kann und sich für soziale Belange engagieren will.“
Dass sich immer mehr Non-Profit-Organisationen auf hauptamtliche Fundraiser statt auf Nebenberufler zurückgreifen, macht sich auch in der Zentrale der Sozialmarketingagentur service94 bemerkbar: Das Unternehmen expandiert und sucht ständig neue Mitarbeiter.